ALLGEMEINE INFORMATIONEN ZU GUTACHTEN

Psychotherapeutische Gutachten können einerseits durch ein Gericht und andererseits durch Privatpersonen an psychotherapeutische Gerichts- bzw. Sachverständige in Auftrag gegeben werden. Psychotherapeutische Gerichts- und Privatgutachten dienen zur Beurteilung von Fragestellungen im Straf-, Zivil-, Arbeits- und Sozialrecht, welche im Kontext von psychotherapierelevanten Aspekten stehen und eine Grundlage für Entscheidungsfindungsprozesse darstellen.

Für die Erstellung von Gerichtsgutachten ist neben einer besonderen Qualifizierung und speziellen Sachkenntnissen die Ablegung einer Prüfung für allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige erforderlich. Sowohl Gerichts- als auch Privatgutachten müssen auf Basis der Neutralität, Objektivität und Unabhängigkeit sowie auf Basis einer besonderen Fachkenntnis auf dem jeweiligen Teilgebiet der Begutachtungsfrage erstellt werden.

SPEZIELLE PSYCHOTHERAPEUTISCHE GESICHTSPUNKTE

In einem psychotherapeutischen Gutachten werden psychopathologische Sachverhalte und störungsspezifische psychotherapeutische Diagnostik der zu befundenen Person sowie die klinische Bedeutsamkeit und Krankheits-
wertigkeit dieser erhoben und dargestellt. Weitere Aspekte in der Diagnostik beziehen sich auf den Beziehungs- und Bindungsbereich sowie auf die Entwicklungs- und Familiendiagnostik, die Einschätzung von Gefährdungen und Gefährdungspotenzialen sowie auf die Gefährlichkeitsprognosen. Die Diagnostik des Schweregrads, die Prognosestellung, die Indikationsexploration sowie die Empfehlung von Maßnahmen ergänzen die psychotherapeutische Diagnostik im Bereich der Persönlichkeit bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.

Im Gutachten werden soziale, psychische und physische Faktoren berücksichtigt.

Der Leidenszustand der zu begutachtenden Person soll möglichst differenziert beschrieben und abgebildet werden. Die Innensicht des Klienten soll verbalisiert sowie die Reflexionsfähigkeit und Introspektionsfähigkeit untersucht werden. Erhoben werden auch die Bewältigungs- und Abwehrmechanismen einer Person sowie deren Beziehungserfahrungen und Beziehungsgestaltung. Grundsätzlich sind sowohl bewusste als auch unbewusste psychische Prozesse Inhalt der Befundung.

Weiters sind Krisenhaftigkeit und aktueller Leidenszustand Bereiche der Begutachtung, wobei diesbezüglich die individuellen Bewältigungskapazitäten des Klienten mitberücksichtigt werden. Die psychosoziale Befindlichkeit einer Person wird untersucht und deren Adaptionsfähigkeit bzw. Bewältigungskompetenz in Bezug auf herrschende Lebensverhältnisse.

Generell werden die Therapiemotivation und die Therapieeignung sowie die Indikation zu einer Psychotherapie mit dem Ziel erhoben, prognostische Überlegungen über einen Therapieerfolg einschließlich der Risikoprognostik zum Therapieverlauf zu evaluieren.

PSYCHOTHERAPEUTISCHE GUTACHTEN IM DROGEN- UND SUCHTBEREICH SOWIE ZU GENETISCHEN BERATUNGEN / HUMANGENETIK / TRANSGENDER

  • Gutachten zu den Voraussetzungen und Erfolgsaussichten einer Therapie gem. § 39 SMG, d. h. zur Frage, ob eine Therapie nicht offensichtlich aussichtslos ist (Therapie statt Strafe).
  • Die weiteren Fragestellungen beinhalten die Abklärung, ob die Therapieeignung und Therapiemotivation als ausreichend einzustufen ist, sowie die Erhebung der möglichen Risikoparameter für die Wahrscheinlichkeit eines Therapieabbruchs und die Empfehlung einer geeigneten Therapie in anerkannten Drogen- und Suchtberatungsstellen – Einrichtungen gem. § 15 SMG –, die die Durchführung der gesundheitsbezogenen Maßnahmen anbieten.
  • Gutachten zur psychotherapeutisch-diagnostischen Abklärung im Rahmen der humangenetischen Untersuchung mittels Genanalyse, ob der Klient/die Klientin für die Befundübermittlung als psychisch gefestigt eingeschätzt werden kann und ob der Klient/die Klientin über die Tragweite der Aussage eines Untersuchungsergebnisses ausreichend informiert ist, einschließlich der Kenntnis hinsichtlich des Rechts auf Nichtwissen. Als Beispiel für solche humangenetischen Untersuchungen sind schwere Erberkrankungen wie Chorea Huntington zu nennen, bei der es derzeit noch keine medizinische Heilung gibt.
  • Gutachten zu Fragen der Geschlechtsidentität

PSYCHOTHERAPEUTISCHE GUTACHTEN IM BEREICH ARBEITSFÄHIGKEIT/MOBBING/BURN OUT – FÜR DAS ARBEITS- UND SOZIALGERICHT

  • Fragen im Bereich Arbeitsfähigkeit/Berufsunfähigkeit im Falle psychischer Erkrankungen; Erfolgschancen bezüglich Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit -> diesbezügliche Prognostik.
  • Fragen zur Gewährung von Zusatzpensionen bei psychischen Erkrankungen, deren Ursachen während der Dienstausübung anzunehmen sind (z. B. Traumafolgestörungen).
  • Fragen im Bereich Burn out, Mobbing und allgemeinen Anpassungs- und Belastungsstörungen.
  • Fragen im Bereich traumatischer Erfahrungen und posttraumatischer Belastungsstörungen im Zuge der Berufsausübung.
  • Fragen im Bereich Indikation zur Psychotherapie bzw. generelle psychotherapeutische Fragestellungen Psychotherapiefähigkeit – laufende Psychotherapie – Evaluierung des Erfolges der bisher durchgeführten Psychotherapie – Behandlungsmotivation.